Freimaurerei als Persönlichkeitstraining

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Alte Ziele, neue Worte

»Freimaurerei ist das erfolgreichste Persönlichkeitstraining der Weltgeschichte, mit einer langen Referenzliste prominenter Brüder«, so die These aus »Freimaurer in 60 Minuten«. Erschienen ist das zeitgemäße Kompaktwissen-Büchlein im Februar ’09 mit Empfehlung der Großen Landesloge im renommierten Thiele/Brandstätter Verlag, in dem auch der Dalai Lama publiziert.

Im Intro, dem Vorwort, erläutert Br. Philip Militz seine These wie folgt: „Die Parallelen der Freimaurerei zu Persönlichkeitstrainings sind mir aufgefallen, während ich mich eher zufällig mit Coachings auseinandergesetzt habe. Bis heute hat anscheinend niemand die Lehren der altehrwürdigen Bruderschaft aus diesem modernen Blickwinkel betrachtet. Und das, obwohl die Gemeinsamkeiten nicht von der Hand zu weisen sind: Auch in der Freimaurerei geht es um Bewusstseinsveränderung, um ein „besserer“ Mensch zu werden. Frei nach der Aufforderung eines prominenten Weisen aus dem Morgenland: „Metanoie” – ändere Deinen Sinn! Das forderte Johannes der Täufer, Schutzpatron der Freimaurerlogen, laut biblischer Überlieferung. „Change your mind“ und „Selbstoptimierung“ würden es heute wohl Persönlichkeitstrainer nennen. Klingt moderner. Dabei ist das, was Motivationsgurus dann unter dem Motto vermitteln, oft nur alter Wein in neuen Schläuchen! Taschenspielertricks, über die Brüder nur müde lächeln können. In einer Loge müssen Sie nicht über glühende Kohlen laufen, Ihren Namen tanzen oder Ihrer Wut eine Farbe geben, aber: Auch die Freimaurerei setzt auf die Macht beeindruckender Rituale und Jahrtausende alter Symbole, um den psychologischen Prozess der Selbsterkenntnis und -veredelung in Gang zu setzen und zu halten. Denn laut Hirnforschung sind wir zwar durchaus in der Lage, unsere Verhaltensweisen zu ändern, jedoch nicht an einem Wochenende. Sinnbildlich wird dieser langwierige Prozess durch die Wandlung des eigenen Ichs vom rauen Stein zum harmonischen Kubus verdeutlicht. Die Freimaurerei bietet Ihnen die Werkzeuge, um an den Macken dieses rauen Steins zu arbeiten, die Ecken und Kanten zu schleifen, bis sich sprichwörtlich darauf bauen lässt. Was Selbstveredelung nach Ihren Maßstäben bedeutet, das bleibt Ihnen in einer Loge selbst überlassen. Bei meiner Aufnahme war ich jedenfalls seinerzeit über manchen Bruder erstaunt, dessen Betragen sich nicht unbedingt mit meinem Verständnis von Freimaurerei in Einklang bringen ließ. Antwort meines Logenmeisters: „Du kanntest ihn nicht, bevor er zu uns kam“. Merke: Es zählt also das persönliche Fortkommen. Das Ziel steckt sich jeder selbst. Auch dies ist ein wichtiger Unterschied zu den meisten Persönlichkeitsseminaren, deren Ziel es oft ist, genormte Motivationsjunkies von der Stange zu züchten und diese dann auch möglichst lange bei selbiger zu halten. In einer Loge werden Sie dagegen keinen selbsternannten Guru, Vorbeter oder Einpeitscher finden. Sie müssen sich stattdessen Ihren eigenen Weg suchen und selbst entscheiden, wohin und wie weit Ihre Reise geht. In der Freimaurerei gibt es kein Dogma. Freimaurerei ist Veränderung. Freimaurerei zielt – wiederum im Gegensatz zu vielen Persönlichkeits-Trainings und Motivationsseminaren – nicht darauf ab, ihre Persönlichkeit zu löschen, um dann eine neue programmieren zu können. Freimaurerei baut immer auf dem bestehenden Menschen auf, um Menschen aufzubauen. Dieser Weg der Selbstoptimierung ist zwar unbequemer und keine Schnellstraße, wie sie Motivations- und Persönlichkeitstrainer versprechen. Dafür haben wir dann aber bleibende „Reiseerinnerungen“ zu bieten, weil Freimaurerei „learning by doing“ oder – bezogen auf die Metapher des Weges „learning by going“ ist. Bei uns müssen Sie sich schon selbst bewegen. Sie kennen das: Was Ihnen in der Schule nur erzählt wurde, war schnell vergessen. Was Sie sich dagegen erarbeiten und immer wieder trainieren mussten, haben Sie bis heute nicht verlernt. Wenn für Sie gilt „ich will so bleiben wie ich bin“, dann können Sie sich das Weiterlesen ab hier getrost sparen. Wenn Sie stattdessen noch an sich arbeiten und dazulernen wollen oder wenn Sie das Gefühl haben, dass das doch noch nicht alles im Leben gewesen sein kann, dann herzlich willkommen (…).“

Und schließlich empfiehlt Militz dem Leser ungewöhnlich „unfreimaurerisch“, weil betont „marktschreierisch“, sinngemäß: „Werfen Sie Ihr Geld nicht für teure Persönlichkeitsseminare selbsternannter Motivationsgurus zum Fenster raus, sondern setzen Sie lieber auf den Marktführer: Denn in einer Loge bekommen Sie fast umsonst, was Ihnen nachhaltigere Erfolge bei der Arbeit an sich selbst beschert!“

 

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